Kommunikation in Videospielen – Die Dokumentation LEVEL 3
LEVEL 3 – Orientierungssysteme
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Was sind Orientierungssysteme?
Im Alltag kennen wir sie vor allem in Form von Fahrplänen, Stadtkarten, Leitsystemen am Bahnhof, Flughafen, in Bürogebäuden oder im Straßenverkehr. Ohne sie wären wir in fremden Städten und ungewohnten Situationen recht hilflos! Die Vielzahl von Beschilderungen innerhalb von Gebäuden oder an Straßen helfen uns dabei uns besser zu orientieren und zu Recht zu finden.
Nicht anders sieht es da bei den Videospielen aus: Große Welten, Unmengen an zu erledigenden Aufgaben, gefährliche Monster und versteckte Schätze schicken viele Spieler meistens an den Rand des Wahnsinns. Daher werden in modernen Spielen die verschiedensten Orientierungssysteme integriert. Die Orientierungssysteme kommunizieren entweder Visuell (durch die angezeigte Karte oder ein GPS-Gerät) oder Auditiv. In diesem Fall dient ein NPC (non-playable character) als Informationsquelle. Über die geführten Dialoge werden wichtige Informationen an den Spieler weitergegeben.
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Was für Orientierungssysteme gibt es?
Je nach Genre des Spiels werden heute unterschiedliche Orientierungssystemeverwendet.
Ego-Shooter haben anstatt den üblichen Karten einen Kompass bzw. ein GPS-Gerät.
Mittlerweile arbeiten die Entwickler daran, möglichst wenige Anzeigen (Kompasse, Karten, Lebensenergie, Ausdauer etc.) auf dem Bildschirm abzubilden oder sie zu einem festen Bestandteil der Ausrüstung zu machen (Abb.1).
Dadurch soll das Spiel noch realer erscheinen. So wurde in dem Computerspiel AquaNox 2 die Waffe mit dem Kompass kombiniert. Der Pfeil innerhalb des Visiers zeigt immer in Richtung des Gegners und erleichtert dem Spieler damit das Zielen.
Bei Strategiespielen wie Age of Empires (Abb.2) spielt man praktisch direkt auf der Karte und kann rein zoomen, um die Standorte der eigenen oder gegnerischen Truppen besser zu sehen. Zur besseren Übersicht gibt es aber auch dort eine Kleinansicht der Karte.
Daneben gibt es vor allem im Fantasy-Genre meist einen Kompass in Verbindung mit einer Karte (Abb.3), der die genau Position des Spielers bzw. des Zielorts anzeigt. Karten, die erst über das Menü aufgerufen werden müssen, können die gesamte Spielwelt umfassen (Abb.4) oder sich nur auf einen Teil der Welt beziehen (Abb.5). Sie können auch Markierungen und Vermerke aufweisen, wenn man spezielle Gegenstände finden soll (Abb.6).
Meist erhält man die Karten nur, wenn man sie kauft, findet, geschenkt bekommt oder sie von den NPCs entwendet. Standardmäßig befinden sich die Karten und Kompasse in einer Ecke des Bildschirms. Mittlerweile wird jedoch versucht, das Interface soweit wie möglich aufzuheben und das Spiel dadurch sehr real erscheinen zu lassen. Die Karten werden dann nur über das Drücken einer Taste aufgerufen.
Dazu sind oft auch Wegweiser oder Schilder direkt im Spiel zu finden. Orts- und Personenspezifische Angaben werden auch in Gesprächen mit NPCs erworben.
Die neueste Erscheinung ist das Führen eines Tagebuchs (Abb.7). Die für den Verlauf der Handlung wichtigen Informationen werden während den Dialogen automatisch mitgeschrieben und sind danach jederzeit wieder abrufbar. Sie wurden vor allem durch Spiele wie der Gothic-Reihe und Risen
bekannt. Der Vorteil dieses neuen Systems verdeutlichen die Entwickler der Spiele-Reihe:
„Dreh- und Angelpunkt aller Quests stellt das Tagebuch dar. Dort werden die Unterhaltungen mit den Questgebern eingetragen. Des Weiteren sind im Kartenwerk die Positionierung der Questgeber und der Questziele eingezeichnet. Während Veteranen von Piranha-Bytes-Spielern gut und gerne auf solche Hilfestellungen verzichten, wird Neueinsteigern damit unter die Arme gegriffen.“
– Piranha Bytes (Entwickler von Gothic/Risen); http://www.risen-magazin.de/ ; S.28
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Warum sind Orientierungssysteme wichtig?
Um ein besseres Verständnis für die Wichtigkeit der Orientierungssysteme zu erhalten, gebe ich hier einen kurzen Einblick in die Entwicklung der Spielgrafik, da sie grundlegend an der Integration der Orientierungssysteme beteiligt war.
Die ersten Konsolenspiele hatten eine schlichte 2D Grafik, die Charaktere wurden stets im Profil abgebildet. Die Bewegungsmöglichkeiten waren eingeschränkt. Es waren lediglich Sprünge in die Höhe und die Bewegung nach links und rechts möglich. Aufgrund dieser Einfachheit waren Orientierungssysteme unnötig. Die Super Mario-Spiele von Nintendo sind wohl die bekanntesten Vertreter (Abb.8).
Die Entwickler blieben bei den 2D Grafiken und arbeiteten diese weiter aus (Abb.9). Ein Beispiel für diese überarbeitete Grafik ist das 1994 erschienene Action-Rollenspiel Secret of Mana für den Super Nintendo. Sie erzeugten das Gefühl einer dreidimensionalen Welt, indem sie die Spielwelt komplexer gestalteten und die Einschränkung nur nach links und rechts laufen zu können, aufhoben. Der Spieler konnte nun endlich selber entscheiden, welche Teile der Spielwelt er als Erstes erkunden möchte.
Ein Perspektivwechsel war allerdings nicht möglich. Diese Neuerungen brachten jedoch das Problem mit, das man schnell die Orientierung verlor. Entsprechende Hilfsmittel, wie die uns allen bekannten Karten aus heutigen Videospielen, waren damals noch etwas vollkommen Unbekanntes und daher nicht vorhanden! Daher musste man sich mühevoll durch die unbekannten dreidimensional anmutenden Welten kämpfen und viel Zeit aufbringen.
Nach und nach tasteten sich die Entwickler an die ersten Spiele mit 3D Grafik heran (Abb.10). Mittlerweile kann die Perspektive beliebig verändert werden, meist kann man den eigenen Charakter sogar aus allen Winkeln betrachten. Vor allem im Bereich der Fantasyrollenspiele sind oft auch Rückblickfunktionen während des Laufens möglich, um verfolgende Gegner im Auge zu behalten.
Die Spielwelten wurden hochkomplex und riesig (Abb.11). Neben der Hauptstory gibt es auch viele Nebenquests, die teilweise aufeinander aufbauen, eine detaillierte Umgebungen, eine Simulation von Tag und Nacht sowie die von der künstlichen Intelligenz gesteuerten NPCs, die ihren ganz eigenen Tagesablauf haben und auf Taten und Kommentare des Spielers reagieren. All dies machte ein Orientierungssystem in modernen Videospielen unumgänglich. Karten und Kompasse wurden schnell der Standard jedes Spiels.
Somit ist der Hauptgrund für die Existenz der Orientierungssysteme der, das der Spieler nicht stundenlang nach Orten, Personen oder der richtigen Wegkreuzung suchen will, sondern die Aufgaben erfüllen möchte. Ist dies aber aufgrund von verwirrenden Angaben und unverständlichen Wegbeschreibungen nicht möglich, verliert der Spieler das Interesse und beendet das Videospiel. Da eine Menge an Geld und Zeit in diese Spiele gelegt werden, gibt es natürlich nichts Schlimmeres für ein Entwicklerteam und dessen Publisher, als unzufriedene Spieler und schlechte Reviews über ihr Produkt. Es gilt daher, dem Spieler das spielen so angenehm wie möglich zu gestalten.
1 LEVEL absteigen oder 2 LEVEL absteigen?
QuellenangabenAbb. 1: http://halo-3-profie.bei-uns.de/
Abb. 2: http://www.thealmightyguru.com/Games/LAN/Images/SS-AgeOfEmpires.jpg
Abb. 3: http://img571.imageshack.us/i/thelegendofzeldaocarina.jpg/
Abb. 4: http://mondgesaenge.de/G1DB/mapimg/map_world.jpg
Abb. 5: http://mondgesaenge.de/G1DB/mapimg/map_oldcamp.jpg
Abb. 6: eigener screenshot
Abb. 7: eigener screenshot
Abb. 8: http://mirrortheworld.de/wordpress/wp-content/uploads/2009/03/snes_super_mario_world_1.jpg
Abb. 9: http://images.nintendolife.com/screenshots/11998/large.jpg
Abb. 10: eigener screenshot
Abb. 11: http://www.dignews.com/legacy/screenshots/assasins_creed_art_02.jpg AquaNox 2 Video: http://www.youtube.com/watch?v=-r8ArmTgEsc